Zum Inhalt springen
Startseite » Zu Besuch bei der Deutschlandtour

Zu Besuch bei der Deutschlandtour

Die Planung: Ein Radrennen zu Fuß besuchen

Eigentlich hatte ich mir Anfang des Jahres vorgenommen, wieder eine größere Radtour zu machen. Berufliche Termine zwangen mich jedoch dazu, ein wenig umzudisponieren. Zeitlich passte eigentlich nur noch ein Fenster fast direkt im Anschluss an unseren Familien-Sommerurlaub. Viel Geld wollte ich dafür auch nicht ausgeben. Also entschloss ich mich zu einer Kombination aus Radfahren, Wandern und Ferienwohnung. Ähnlich wie es mir schon im Frühjahr gefallen hatte.

Aber wohin? Wieder an die Elbe? Ich suchte eine ganze Weile und stieß schließlich auf etwas, das sich rund anfühlte. Eine Ferienwohnung in der Nähe von Magdeburg sollte es werden. Und mein eigentliches Hauptziel für diesen Trip stand damit auch schnell fest: Das Finale der Deutschland Tour hautnah miterleben. Örtlich und terminlich passte alles perfekt zusammen!

Meine erste Überlegung war: Da fahre ich einfach mit dem Fahrrad hin und stelle mich irgendwo an die Strecke. Doch das war genauso schnell wieder verworfen, wie die Idee entstanden war. Den ganzen Tag auf das Rad aufpassen zu müssen: Blöd! Da ich sowieso große Wanderziele verfolge, entschied ich mich für einen kleinen Selbstversuch: Ich mache das zu Fuß.

45 Kilometer später
45 Kilometer später

Der Haken dabei: die zeitliche Planung. Die Strecke von der Ferienwohnung bis zum Ziel der Tour und wieder zurück war etwa 40 bis 45 Kilometen lang. Das Problem dabei war, das Radrennen sollte erst abends enden. Vor mir hätte also ein Rückweg gelegen, der etwa von 19 bis 23 Uhr gedauert hätte. Das war mir zu spät.

Also entschied ich mich für eine Variante mit Auto: Mein Plan sah vor, etwa die halbe Strecke zu fahren. So konnte ich vorher etwa 30 Kilometer laufen. Umwege … ich liebe Umwege. Und auf dem Rückweg nur noch 15 Kilometer. Das Ziel war klar: Pünktlich zum Sonnenuntergang gegen 21 Uhr zurück am Auto sein. Zwei Tage vor dem Rennen meldete sich mein Freund Sven, der die Strecke mit dem Fahrrad abfahren wollte. Er suchte Mitstreiter. Von meinem Plan ließ ich mich aber nicht abbringen. Trotzdem schrieb ich ihm, dass ich ebenfalls dort sein würde, aber zu Fuß. So einigten wir uns auf ein Treffen vor Ort. Perfekt.

Die Durchführung: Der holprige Start

Der Morgen begann mit einer groben Zeitschätzung und dem üblichen Packen. Neben reichlich Essen nahm ich noch jede Menge Krimskrams mit: Powerbank, Kabel, Kopfhörer. Ich zog meine Laufschuhe an, setzte mich ins Auto und fuhr los zu einem Parkplatz direkt am Mittellandkanal. Unterwegs spürte ich ein unangenehmes Drücken in den Schuhen. Ohne erkennbaren Grund. Also drehte ich um und fuhr zurück. Ich wechselte auf die bequemeren Schuhe, die ich eigentlich nur zum Autofahren mit hatte und startete den zweiten Anlauf: ab zum Parkplatz am Mittellandkanal. Im nachhinein mein größter Fehler des Tages.

Der Weg gehört mir
Der Weg gehört mir

Der Parkplatz war leer. Ich schnappte meinen Rucksack und los gings. Direkt am Start wartete gleich das erste Highlight: das Wasserstraßenkreuz. Der Mittellandkanal überquerte an den Ort die Elbe. Ein imposantes Bauwerk. Dann führte der Weg durch die Elbauen – schöne, asphaltierte und gepflasterte Wege, auf denen viele Radfahrer unterwegs waren. Alles total eben, mit weitem Blick. Trotz der flachen Wege hatte ich das Gefühl, kaum voranzukommen. Meine geplanten Schlenker, die geliebten Umwege, nahm ich trotzdem. Teilweise querfeldein über Wiesen, wo der Weg kaum noch zu erkennen war, aber Plan ist Plan.

Ich kam an einem markanten Turm vorbei, den Jahrtausendturm. Den ich gern bestiegen hätte – der Ausblick wäre bestimmt grandios gewesen. Aber er lag in einem umzäunten Park. Auf der Karte konnte ich nicht erkennen, wo ich in den Park hätte betreten können. Also blieb ich bei meinem Plan. Ein kleines Motivationstief entstand, da von Weitem schon die Musik der Deutschland Tour zu hören war. Aber die pure Natur war Ausgleich genug. Die andere Seite der Elbe, geprägt von Industriegebieten, wirkte deutlich weniger einladend.

Der verpasste Aussichtspunkt
Der verpasste Aussichtspunkt

Am Ziel: Der brennende Rückweg

Ich gelangte an eine größere Straße, die die Elbe querte. Ich folgte der Straße und ging dann durch eine weitere schöne Auenlandschaft an einem Seitenarm der Elbe weiter. Dann erreichte ich das Stadtgebiet. Mein Ziel dort eine größere Parkanlage, auf einer Insel mitten auf der Elbe. Kurz bevor ich den Park erreichte, wurde ich Zeuge eines typischen menschlichen Verhaltens. In einer einspurigen Straße standen sich 2 Autos gegenüber. Beide Autos unterhielten sich in einem Hubkonzert. Keiner der Fahrer war bereit den Rückwärtsgang zu benutzen. Am Ende siegte das Fahrzeug, hinter dem sich die meisten weiteren Autos gestaut hatten.

Magdeburg zeigt sich
Magdeburg zeigt sich

Doch ab diesem Zeitpunkt hatte ich ein anderes Problem. Ich spürte es ganz deutlich: Blasen an den Füßen. Meine Schuhe waren zwar bequem, aber passten wohl doch nicht 100-prozentig. Ich rutschte in ihnen mit den Socken leicht hin und her. Das scheuerte und so entstanden natürlich Blasen. Das war unausweichlich.

Trotzdem ging ich den kompletten Weg durch den Park. Bis ganz zum Ende, wo die beiden Arme der Elbe trennten. Nach dem Park hatte ich erstmals Kontakt mit der Strecke der Deutschland Tour. Ich ging parallel zur Strecke bis zum Ziel zum Dom und dann zum Zielbereich der Tour. Dort sah ich Jens Voigt, umringt von einer Horde kleiner Kinder, und sah mir die Mini-Bike-Expo an. Ich schrieb Sven, wir trafen uns, aßen Pommes und tranken ein wohlverdientes Bier. Anschließend beobachteten wir das Rennen von einem guten Aussichtspunkt.

Danach trennten sich unsere Wege: Sven fuhr mit der Bahn heim, und ich machte mich auf den Rückweg zu meinem Auto. Die Füße brannten wie Feuer. Das stehen und Radsport schauen brachte keine Besserung. Eher im Gegenteil. Aber zum Glück hatte ich ja die Autovariante gewählt und der Weg war nicht mehr ganz so weit. Der Weg aus Magdeburg wurde unerwartet abenteuerlich. Ich lief über ein FKK-Badegelände, über kleine Trampelpfade und sogar über einen Friedhof – alles dabei! An einem Kiessee schreckte ich zwei Rehe auf, und sie erschraken ebenso.

Elbe bei Niedrigwasser
Elbe bei Niedrigwasser

Kurz vor dem Auto, ich hatte nur noch 200 oder 300 Meter zu laufen, an einer Schleuse am Mittellandkanal, traf ich auf Werner. Ein Radfahrer, der mir entgegen kam. Sein Bike war voll behangen mit Wimpeln, Fahnen, Plastikblumen und noch mehr Klimbim. Es sah aus wie ein Kunstwerk, kaum noch als Fahrrad zu erkennen. Er sprach mich an. Ich versuchte, von meiner 45-km-Wanderung zu erzählen, aber er ließ mich kein einziges Mal zu Wort kommen. Er quatschte ununterbrochen und sprang von Thema zu Thema. Ich dagegen wollte nur noch ins Auto. Meine Füße… ich versuchte, mich zu verabschieden, doch er redete und redete immer weiter. Obwohl es sich total unhöflich anfühlte, drehte ich mich um. Er erzählte trotzdem weiter. Also drehte ich mich wieder zu ihm, ging aber trotzdem rückwärts weiter. Als der Abstand groß genug war, ließ ihn links liegen. Ich war in der Situation total überfordert.

Aber ich musste einfach nur noch zum Auto. Ich fuhr nach Hause mit den heftigsten Blasen unter den Füßen. 45 Kilometer gelaufen, viele Stunden unterwegs – es war anstrengend, aber ein wunderschöner Tag und ein klein wenig auch ein echtes Abenteuer beim Besuch der Deutschland Tour. Vor allem das Ende, kurz vor dem Auto, war so unerwartet.